InKreis/InRunde

Eine Reportage

Von Viktoria Balon

In Rahmen des Projektes InMedien hatten wir die zukünftigen Blog-Gestalter und verschiedene Akteure der interkulturellen Szene und NGOs in Freiburg, die sich mit dem Thema Migration beschäftigen, eingeladen. Beim Forum am 6. Oktober diskutierten am runden Tisch Vertreter von Forum Weingarten, Kick for Girls, Feministische Geschichts-Werkstatt, die Redaktion der InZeitung, RedakteurInnen von Radio Dreyeckland und Amtsblatt, AK Migration, der SPD Freiburg und das Netzwerk Interkulturelle Kunst und Kultur; von Seiten der MigrantInnen: Vertreter von Vereinen, Studenten, Schulabsolventen und junge Spezialisten. Dabei konnten sich junge Menschen mit und ohne Blog- und/oder Journalistik-Erfahrung und mit und ohne Migrationserfahrung darüber austauschen, wie die zukünftige Webseite und der Blog aussehen könnten.

Nach der Vorstellung des Projektes gab es zahlreiche Fragen und Anregungen. Eine Diskussion entbrannte zur visuellen Gestaltung der Seite. Einige Anwesenden wollten mehr Animation und dekorative Elemente: »Wie wäre es z. B., wenn bei den Titelbuchstaben auf dem ein Spatz sitzt?« Andere wollten lieber mehr Text einbauen. Bei der Farbauswahl solle man kulturelle Besonderheiten beachten, meinte eine Italienerin - so glaubt man z. B. in Italien, dass Dunkelviolett Unglück bringt, diese für italienische Nutzer eher unerfreuliche Farbe solle man ändern.

Jedoch betonten einige: Ein Blog lebt von seinen Beiträgen, auch von den eigenen Bildern, die die Nutzer mit hineinbringen, deshalb sollte man nicht unbedingt zu viele visuelle Effekte vorprogrammieren. »Inhalt und Aktualität ist das Wichtigste,« sagt die Studentin Maria Greshake, die mit Flüchtlingskindern Fußball spielt, »man hat gerade unseren Fußballplatz für neue Container geräumt, so was wäre was für den Blog, wenn er schon da wäre.«

So gingen wir zur Diskussion über die Inhalte über: Soll der Blog chronologisch oder thematisch strukturiert werden, soll er likes wie facebook haben? Und wie macht man es anders als in vielen facebook-Blogs, die in erster Linie für private Nutzer interessant sind? Soll man nur journalistisch distanziert und objektiv berichten? Eigene Erfahrungen gehören aber doch unbedingt dazu - darüber sind wir uns einig; aber sie müssen gerechtfertigt sein und den journalistischen Charakter tragen, dürfen keine Selbstdarstellungen sein. Ein hoffnungsvolles Beispiel: der Fall von Stefan Wyskowski, der gerade mit der Schule fertig ist. Er reist für sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) nach Südamerika und will von dort aus eine Kategorie im Blog führen – wie es einem jungen Freiburger dort geht, was für eine Rolle dabei seine multikulturelle polnisch/deutsche Abstammung spielt.

Nicht jeder darf Zugang haben, meinen Silvia Fiebig und Dina Yunusova, beide junge Spezialistinnen mit Migrationserfahrung, eine aus ihrer politischen Tätigkeit bei SPD und aus dem Netzwerk Interkulturelle Kunst und Kultur, die andere als Internet-Fachfrau. Es könnten auch viele rassistische oder einfach blöde Beiträge kommen. »Wichtig ist die Spielregen aufzuarbeiten und auf der Seite publizieren: Was alles drauf darf, politische und inhaltliche Kriterien«, schlägt Silvia vor.

Was die Sprachen angeht, so der Tenor, wäre es gut beim Deutschen zu bleiben; allerdings dürfe nicht unbedingt ein korrektes Deutsch erwartet werden. Die Beiträge dürfen so geschickt werden, wie man schreiben kann und je nach Bedarf korrigiert werden, sonst würden ja nur gebildete und sich schon in der Sprache wohl fühlende MigrantInnen zu Wort kommen. Aber wir wollen auch für Neuankömmlinge – wie z.B. Flüchtlinge und auch bildungsferne Gruppen – offen sein.

Zusammen fand man im Forum auch inhaltliche Kategorien für den Blog. »Wir wollen einen Junges Forum«, schlagen Stefan und Maria vor. Und obwohl das gesamte Projekt InMedien für junge Menschen ist: trotzdem sei es wichtig für Jungendliche eine Extra-Rubrik anzubieten: Erfahrungen und Beiträge von Jugendlichen sowie Erfahrungen aus der Jugendarbeit. »Arbeit mit Flüchtlingskindern – darüber soll man hier schreiben«, sagt Maria, »Gerade jetzt kommen so viele wie nie zuvor, es ist sehr wichtig, ständig darüber zu sprechen«. Man darf auch nicht vergessen: Migration ist sehr vielfältig! Es gibt Flüchtlinge, es gibt Schüler von teuren Colleges oder hochbegabte Studenten der Musikhochschule, es gibt sehr engagierte Migranten und Migrantinnen im Not, und es muss alles auf der Seite seinen Platz finden. In einem sehr produktiven Brainstorming wurden so viele Kategorien für den Blog gefunden, dass dieses Ziel zumindestens strukturell realisierbar scheint. »Und falls etwas Neues dazu kommt, lässt es sich immer ergänzen«, so Walter Blauth, der Bloggestalter.

»Sprecht mit euren Freunden!«, das war am Ende der Aufruf der Projektkoordinatorinnen, »Sagt allen weiter, dass sie an uns Beiträge, Bilder usw. schicken, weil der Blog nur so lebt, durch euch und eure Freunde.« – »Auch wenn sie keinen Migrationshintergrund haben?«, fragt jemand. Man guckt verlegen in die Runde – wer ist hier eigentlich deutsch, wer nicht? Ist das wichtig? »Das ist tatsächlich ein Hindernis für manche meiner Freunde«, sagt Silvia; für die, die gerne mitmachen würden, aber nicht für MigrantInnen sprechen wollen. »Haben wir nicht selber dafür gekämpft, dass ein Migrationshintergrund als Bereicherung anerkannt wird?«, fragt eine der InZeitungs-RedakteurInnen ironisch. »Ja, aber nicht dafür, um sich wieder im Getto zu finden!« Um mitzureden braucht man nicht unbedingt diesen MH, da sind sich alle in der Runde einig. »Letztendlich sind wir Menschen alle Ausländer!«, wie ein Teilnehmer zum Schluss bemerkt.

Gespräche bis in die Nacht. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane