Mónica

Agradezco tantos momentos vividos*

Mónica Alarcón, 
1961–2019. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

Von Carmen Luna

»Bunt, frech, vielfältig und kritisch – die InZeitung ist wieder da!«, schrieb Mónica Alarcón in dem Editorial der Ausgabe 4–5. Sie war eine Mitbegründerin des Blattes. Dank ihres Engagements wurde die Finanzierung der InZeitung möglich. Es ging um Träume und Visionen, und sie war mit vollem Einsatz bei der Sache, wie immer, wenn sie etwas unternahm. Mónica hat uns nun verlassen. Sie ist am 31. Januar in Medellín, Kolumbien, gestorben, und wir wollen diese wunderbare Frau mit Geschichten von guten Freund*innen verabschieden.

Ich sprach mit Viktoria Balon: »Ich erinnere mich, wie wir in Basel im Rhein geschwommen sind und auf dem Rückweg erzählte sie mir von Hannah Arendt. Wegen einer Verletzung konnte Mónica nicht mehr professionell tanzen, wie damals in Chile, doch sie musste weiter üben, ihr Körper brauchte es. Sie war im Vorstand des Migrant*innenbeirats. Dort haben wir viele Sachen initiiert: Die Interkulturellen Wochen (ihr ›Baby‹), interkulturelle Festivals im E-Werk, die Zukunftswerkstätte des Hauses der Kulturen und diese Zeitung. Es war immer ein Kampf gegen das Denkmuster: ›Migrant*innen sind ungebildet, arbeitslos und können kein Deutsch.‹ Und sie sagte: ›Stark sein ist eine gute Sache‹. Diese zierliche Frau fühlte sich oft zwischen wissenschaftlicher, politischer Arbeit und Tanz zerrissen. Doch sie war geübt: ›Tanzen erfordert eine bestimmte Mischung von Beherrschung und Geschehenlassen in einem.‹«

Bewegung war Mónica sehr wichtig. Jeden Tag ging sie zum Sportverein FT, wo sie Yoga, Pilates oder Sport trieb, wenn sie nicht gerade einen Tanzkurs belegte. Sie tanzte so gerne! Aber nicht nur ihr Körper war in Bewegung, ihr Kopf war es auch. Sie war ständig damit beschäftigt, sich zu hinterfragen und das Leben aus verschiedenen Perspektiven zu denken. An der Albert Ludwigs Universität Freiburg schrieb sie ihre Doktorarbeit in Philosophie und vereinte dabei ihre beiden Leidenschaften: Tanz und Philosophie, ein Thema, das sie bis zum Ende ihres Lebens faszinierte.

Seit 2015 lehrte sie als Professorin an der Universität von Antioquia in Kolumbien. Ihre Arbeit hat ihr sehr viel Spaß gemacht. Myriam Alvarez erzählt über diese Phase: »Dank ihrer Lebensfreude schloss Mónica in Medellín viele Freundschaften, die sie bis an ihr Lebensende begleiteten. In ihrer universitären Lehrtätigkeit schrieb sie Beiträge zur Phänomenologie und nahm an internationalen Konferenzen teil. Doch weil es ihr ein Anliegen war, nicht nur Intellektuelle mit ihren Ideen zu erreichen, sondern alle interessierten Menschen, hielt sie auch Vorträge in der städtischen Bibliothek. Die Themen Migration und Identität nahmen einen ganz besonderen Platz im Leben und Werk Mónicas ein, gewiss auch wegen ihrer eigenen Migrationserfahrung. Ich lernte sie in Freiburg bei öffentlichen Sitzungen kennen, in denen über die Rechte von Migrant*innen diskutiert wurde. Wir nahmen dann an mehreren Projekten für Frauen teil und waren fortan gute Freundinnen. Die Jahre in Kolumbien waren für sie eine glückliche Zeit.«

Mónica lebte in Brasilien, Chile, Ecuador, Deutschland und schließlich in Kolumbien. Diese interkulturelle Erfahrung machte sie zu einer Weltbürgerin. Sie akzeptierte die Menschen, wie sie waren. Deswegen hatte sie so viele Freunde, die sie liebten. Lorena Marin ist eine von ihnen: »Ich erinnere mich besonders an die langen Waldspaziergänge rund um Freiburg und den Besuch des Grabmals von Edmund Husserl in Günterstal. Wir trafen uns Anfang der 90er Jahre an der Universität Freiburg und hatten mit und von der deutschen Philosophie geträumt. Du hast deinen Traum verwirklicht und neue Wege in der Theorie des Tanzes und der Philosophie erkundet. Wie viele Schwierigkeiten hatten wir in einem Land, das uns nicht akzeptiert und unterstützt hat. Gleichzeitig half uns die Freundschaft, das Lachen und die Träume, der nie endenden Feindseligkeit und der Kälte zu widerstehen. Du bist sehr früh abgereist, aber diese kurze Zeit in deinem Leben war voller Kreativität und Mut. Ich werde mich immer an deine Transparenz, Demut, Einfachheit und deine Fähigkeit, die besten Freunde zu sein, erinnern.«

Ich frage Angelika Widrig über ihre gemeinsame Zeit mit Mónica: »Denke ich an Mónica, sehe ich die schöne, elegante, zarte, bewegungsfreudige, immer zu Spaziergängen, zum spannenden Plaudern und zum Tanzen bereite Freundin. Es gab soviel Privates und Projekte zu besprechen. Dabei auch manche, die wir zusammen durchgeführt haben. Den Sinn der Worte ›Bewegung‹ und ›Partizipation‹ habe ich erst durch Mónica wirklich begriffen und verinnerlicht! Welche Inspiration von ihr ausging!«

Sie war Mitglied der Frauengruppe Kalidoskopia, die das partizipative Projekt Berufliche Perspektiven für Migrantinnen durchführte. Dabei sollten die Frauen gestärkt und darin unterstützt werden, ihre berufliche Entwicklung in die eigenen Hände zu nehmen.

Auch Miguel Garcia war ein guter Freund von Mónica: »Bunt waren ihre Haare, frech ihr Auftreten, vielfältig ihr ganzes Wesen und kritisch, sehr kritisch und klar ihre Haltung – Mónica hat uns leider für immer verlassen. Sie war Bewegkraft, ohne im Vordergrund stehen zu wollen. Mónica war immer gegen Ungerechtigkeit, ohne Rücksicht auf Verluste, das war sie, das lebte sie. Ich erinnere mich an sie als die intelligente, zärtliche, sensible, gefühlvolle, empfindsame, schöne, starke Frau, die alle Hürden überwand.«

Mónica wird ihren Freund*innen und allen Menschen, mit denen sie zu tun hatte, in Erinnerung bleiben. Sie bleibt bei uns mit allem, was sie auf ihrem fruchtbaren Weg gesät hat.

*Ich bin dankbar für so viele gelebte Momente