Die fünf Sinne

InZeitung 25 vom 14. September 2018: Editorial

»Es wäre wichtig den sechsten Sinn nicht zu vergessen,« schreibt uns eine unserer Autorinnen. Den Sechsten? »Der siebte Sinn« hieß eine deutsche Fernsehsendung zur Verkehrssicherheit. Von zehn oder sogar von zwölf Sinnen sprechen Physiologen heute. Sie zählen z.  B. den Gleichgewichtssinn oder den Bewegungssinn dazu. Und was ist mit dem Zeitsinn (gefühlte drei Stunden) oder dem Temperatursinn (gefühlte 30 Grad)?

Vielleicht hätten wir den Schwerpunkt dieser Ausgabe besser Fünf plus nennen sollen. Nur durch unsere europäische Sozialisation und Dank Aristoteles haben wir uns an die fünf Sinne gewöhnt; in anderen Kulturen gibt es oft ganz andere Sinne, darüber lesen Sie in den Einführungsartikeln.

Unseren Sinnen verdanken wir nicht nur die Wahrnehmung der Realität, die sich von Kultur zu Kultur und von Mensch zu Mensch unterscheidet, sondern auch die Fähigkeit das Erlebte aus der Ferne zurückzuholen. Ein Geschmack oder Geruch oder eine Melodie – und wir sind sofort in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort: viele von uns in der Kindheit, einige in ihren Geburtsländern und andere in der gewählten Heimat. Mehr dazu lesen Sie in den lyrischen, lustigen, melancholischen, aber nicht unbedingt immer nostalgischen Beiträgen unseres Schwerpunkts.

Manche zählen die Empathie, den Sinn für die Wahrnehmung des Anderen, zu unseren Sinnen. Um Andersartigkeit zu verstehen braucht man nicht unbedingt einen Abschluss in Interkultureller Kompetenz. Wir erzählen von Menschen, die mit viel Empathie Neu-Freiburger*innen als Übersetzer*innen bei schwierigen Themen unterstützen oder ihnen helfen, neue berufliche Wege zu gehen.

Wenn wir von den Ereignissen der letzen Wochen in Deutschland erfahren, merken wir wie wichtig es heutzutage ist, einen Gerechtigkeitsinn und einen Riecher (Geruchssinn) für Hassreden und Fake News zu entwickeln.

Zu Beginn (Seite 2) möchten wir Ihren Solidaritätssinn in einer Stadt für alle – einer Solidarity City – ansprechen.