zurück

Bobbele trifft Wienerle

Ein Reisebericht der InZeitung

Syrer lieben Österreich. Foto: Alexander Sancho-Rauschel

Foto: Alexander Sancho-Rauschel

Von Carmen Luna

Die InZeitung hat den Integrationspreis 2015 der Stadt Freiburg gewonnen und hat sich dafür entschieden, den Preis kreativ und bereichernd für Redaktion und Leser einzusetzen. So entstand die Idee, nach Wien zu reisen, auf der Suche nach interkulturellen Geschichten und Treffen. Wien, am Schnittpunkt zwischen Orient und Okzident, mit seiner reichen Vergangenheit und Gegenwart.

Ein Teil unserer Redaktion ist im von Flüchtlingen geführten magdas HOTEL einquartiert. Man tritt ein und sieht viele alte Koffer in verschiedenen Größen aufgetürmt. Koffer für die Flucht oder ein Symbol des Unterwegsseins? – Sehnsucht nach der weiten Welt?

Wir treffen im Café Prückel zwei ehemalige Freiburger, die seit langem in Wien leben. Es gibt keinen besseren Treffpunkt als ein typisches Wiener Kaffeehaus – mit hohen Decken und voll kleiner Details, alten Spiegeln, antiken Möbeln und einem Herrn Ober mit schwarzer Fliege, höflich wie zu Kaisers Zeiten. Von diesen Kaffeehäusern gibt es in Wien viele, sie erinnern an die lange Habsburger Geschichte, die wir Freiburger mit den Wienern teilen. Bei uns sind u. a. die Habsburger Straße, die Kaiser-Joseph-Straße und die Albert-Ludwigs-Universität Zeugen dieser Zeit. In Wien verspürt man noch Nostalgie bei der Erinnerung an die Kaiserzeit – mit Zuneigung, aber auch mit Unbehagen wegen der Ungerechtigkeiten der monarchistischen Gesellschaft.

Nils hat in Wien studiert und fühlt sich in Wien zu Hause. Sogar spricht er mit Wiener Akzent. Joseph ist seit zehn Jahren hier. Wie ist das mit der Integration? »Man wird schnell von den Wienern als Deutscher erkannt, der Akzent verrät einen. Aber letztendlich geht es darum, gut miteinander leben zu lernen.«

Am nächsten Tag gehen wir zusammen auf den Karmelitermarkt, um uns mit Robert Menasse inmitten von Gemüse und Obstständen in einem gemütliche Café, dem Kaas am Markt, zu treffen. Menasse ist Schriftsteller und Essayist – und ein bedeutender politischer Kopf. »Europa muss der Phantasie der Künstler folgen, und nicht den Pragmatikern, die die Krise erst geschaffen haben«, sagte er bei einer Buchpräsentation. Unsere Diskussion ist lang, nett und anregend: Flüchtlingspolitik, »Europa der Regionen contra Nationalismus«, »Jüdisches Leben in Wien«, … – Eine ganz besondere Begegnung.

Okro heißt Gold, Piri Mund und Dze Sohn. So heißt der Künstler aus Georgien, den wir im Atelier Sachlink besuchen. Überall sieht man Metallobjekte mit Rädern. Alex fragt, ob das mit Bewegung von einem Ort zum anderen zu tun hat. Okro überlegt – dann nickt er.

Nächste Station ist die Redaktion des Magazins Das Biber, ein ähnliches Projekt wie die InZeitung, von Migranten gemacht, mit kritischer Berichterstattung über die Stadt und ihre BewohnerInnen. Menschen mit Migrationshintergrund werden hier journalistisch ausgebildet. Gerade sitzen zwei Stipendiaten aus Deutschland dort.

Die Zeit drängt und bevor die Gruppe die Rückkehr nach Freiburg antritt, besucht sie noch Radio Orange. Pavel aus Tschechien erzählt: »So viele Flüchtlinge und mehrere tausend Wiener Helfer! – Wir berichten seit Beginn der jüngsten Fluchtbewegungen täglich und differenziert darüber. Wenn ich diese Menge engagierter Wiener sehe, bin ich auf Wien stolz.«

Bilanz: Ein volles Programm. Die Redaktion hat sich in einem anderen Rahmen getroffen und Wien aus verschiede­nen Perspektiven kennengelernt: eine wunderschöne Stadt, reich an Geschichte, Kunst, Architektur und Parks, verrauchten Kneipen und Wiener Flair. Ohne die vielen Kulturen wäre Wien nicht Wien. Mehr darüber in der nächsten Nummer.

Impressionen von der Wienreise

Das »Rote Wien« zwischen Sozialstaat und Monarchie. Foto: kwasibanane
Nils und Joseph im Café Prückel. Foto: kwasibanane
Streetart am Donaukanal. Foto: kwasibanane
Mit Robert Menasse auf dem Karmelitermarkt. Foto: kwasibanane
Hendeln für alle. Foto: kwasibanane
Flüchtlingsmädchen am Hauptbahnhof. Foto: Alexander Sancho-Rauschel
Bei »Das Biber«. Foto: kwasibanane
Heimreise nach »Vorderösterreich«. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

zurück